Verhandlungstermin am 11. November 2021 – VII ZR 303/20

Der unter anderem für Schadensersatzansprüche aus unerlaubten Handlungen, die den Vorwurf einer unzulässigen Abschalteinrichtung bei einem Kraftfahrzeug mit Dieselmotor zum Gegenstand haben, zuständige VII. Zivilsenat verhandelt in einem VW-Verfahren, das die Frage betrifft, ob die dreijährige Verjährungsfrist für Schadensersatzansprüche des Fahrzeugkäufers gegen die Volkswagen AG mit dem Schluss des Jahres 2015 begann und ob sie durch Anmeldung der klägerischen Ansprüche zum Klageregister der am OLG Braunschweig geführten Musterfeststellungsklage gehemmt wurde.

Sachverhalt:

Der Kläger nimmt die beklagte Volkswagen AG wegen der Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung auf Schadensersatz in Anspruch.

Der Kläger erwarb 2011 bei einer Kfz-Händlerin ein von der Beklagten hergestelltes Neufahrzeug VW Golf VI 2.0 TDI zu einem Preis von 22.607 €. In dem mit einem Dieselmotor des Typs EA189 (EU 5) ausgestatteten Fahrzeug war eine Motorsteuerungssoftware verbaut, durch die auf dem Prüfstand bessere Stickoxidwerte erzielt wurden als im realen Fahrbetrieb. Ein von der Beklagten entwickeltes Software-Update wurde zwischenzeitlich durchgeführt.

Mit seiner im Oktober 2019 eingegangenen Klage hat der Kläger im Wesentlichen die Erstattung des Kaufpreises abzüglich einer Nutzungsentschädigung sowie die Zahlung von Zinsen Zug um Zug gegen Übereignung und Herausgabe des Fahrzeugs, die Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten sowie den Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten verlangt. Die Beklagte hat unter anderem die Einrede der Verjährung erhoben. Der Kläger behauptet, er habe im Jahr 2015 von der Manipulation seines Fahrzeugs keine Kenntnis gehabt. Er habe sich im Dezember 2018 zur Musterfeststellungsklage an- und im September 2019 wieder abgemeldet.

Bisheriger Prozessverlauf:

Das Landgericht hat der Klage überwiegend stattgegeben, das Oberlandesgericht hat sie auf die Berufung der Beklagten abgewiesen und die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Einem Anspruch des Klägers auf Schadensersatz wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung stehe die von der Beklagten erhobene Verjährungseinrede entgegen. Es sei keine Hemmung der Verjährung vor Ablauf der Verjährungsfrist erfolgt. Bereits Ende September 2015 habe auf Seiten des Klägers mindestens grob fahrlässige Unkenntnis von den für den Beginn der Verjährung erforderlichen Tatsachen vorgelegen. Dem Verjährungsbeginn habe nicht die fehlende Zumutbarkeit einer Klageerhebung im Jahr 2015 entgegengestanden. Die rechtzeitige Eintragung im Klageregister zum Musterfeststellungsverfahren noch im Jahr 2018 habe der Kläger nicht bewiesen. Eine Anmeldung zum Klageregister erst nach Ablauf der Verjährungsfrist wirke nicht auf den Zeitpunkt der Erhebung der Musterfeststellungsklage zurück.

Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Vorinstanzen:

Landgericht Ellwangen – Urteil vom 11. Februar 2020 – 5 O 363/19

Oberlandesgericht Stuttgart – Urteil vom 17. November 2020 – 10 U 86/20

Verhandlungstermin am 8. Dezember 2021 – VIII ZR 190/19

Nach seinen Urteilen vom 21. Juli 2021 (siehe hierzu Pressemitteilung Nr. 140/2021) wird sich der unter anderem für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs in diesem Verhandlungstermin erneut mit Fragen des Nacherfüllungsanspruchs des Käufers eines mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehenen Dieselfahrzeugs (EA 189) beschäftigen.

Sachverhalt:

Der Kläger erwarb im Juni 2015 bei der beklagten Fahrzeughändlerin im Rahmen eines Verbrauchsgüterkaufs ein mit einem Dieselmotor EA 189 ausgestattetes Neufahrzeug Volkswagen Caddy III, dessen Motorsteuerungssoftware den Prüfstandlauf erkannte und in diesem Fall den Ausstoß von Stickoxiden verringerte. Nachdem die Verwendung entsprechender Vorrichtungen bei Dieselmotoren des Typs EA 189 im Verlauf des sogenannten Dieselskandals öffentlich bekannt geworden war, informierte der Fahrzeughersteller den Kläger im Dezember 2016, dass für sein Fahrzeug nunmehr ein zur Beseitigung der Abschalteinrichtung entwickeltes und vom Kraftfahrtbundesamt freigegebenes Software-Update zur Verfügung stehe. Der Kläger lehnte das Aufspielen des Updates ab und verlangte stattdessen im Mai 2017 von der Beklagten die Ersatzlieferung eines mangelfreien Neufahrzeugs. Die Beklagte verweigerte eine Nachlieferung unter anderem mit der Begründung, dass deren Kosten im Vergleich zu den Kosten einer Nachbesserung durch das Software-Update unverhältnismäßig seien.

Bisheriger Prozessverlauf:

In den Vorinstanzen hat der Kläger mit seinem auf Lieferung eines fabrikneuen, typengleichen Ersatzfahrzeugs gerichteten Begehren keinen Erfolg gehabt. Nach Auffassung des Berufungsgerichts könne der Kläger gemäß § 437 Nr. 1, § 439 Abs. 1 BGB zur Beseitigung des Sachmangels der unzulässigen Abschalteinrichtung (§ 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB) zwar grundsätzlich frei zwischen der Nachbesserung und der Nachlieferung einer mangelfreien Sache wählen. Vorliegend habe die Beklagte die Ersatzlieferung jedoch gemäß § 439 Abs. 3 BGB (alte Fassung, nunmehr § 439 Abs. 4 BGB) verweigern dürfen, weil die für sie durch die Ersatzlieferung eines mangelfreien Neufahrzeugs – in Gestalt des zwischenzeitlich auf den Markt getretenen Nachfolgemodells Volkswagen Caddy IV – zusätzlich anfallenden Kosten (11.849,10 €) die Kosten für die Umrüstung durch das Software-Update von maximal 100 € um mehr als das 117-fache überschritten und damit unverhältnismäßig seien (sogenannte relative Unverhältnismäßigkeit). Soweit der Kläger eingewandt habe, eine Nachbesserung durch das vom Hersteller entwickelte Update scheide aus, weil es zur Installation einer anderen Abschalteinrichtung („Thermofenster“), zu Folgeschäden (Leistungsverlust, höherer Kraftstoffverbrauch u.a.) und zu einem merkantilen Minderwert des Fahrzeugs führte, seien seine Behauptungen ohne Substanz. Zudem habe das Kraftfahrtbundesamt mit seiner Freigabeerklärung die dauerhafte Funktionsfähigkeit des Systems bescheinigt, ohne dass der Kläger dagegen konkrete Einwände erhoben habe.

Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Vorinstanzen:

LG Braunschweig – 11 O 1170/17 (252) – Urteil vom 14. Mai 2018

OLG Braunschweig – 7 U 289/18 – Urteil vom 13. Juni 2019

Quellen: Bundesgerichtshof Pressemitteilungen Nr. 194 und 195 vom 26. Oktober 2021

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