Anklage gegen ein mutmaßliches Mitglied der ausländischen terroristischen Vereinigungen „Islamischer Staat (IS)“ sowie „Jund al-Aqsa“ erhoben

Die Bundesanwaltschaft hat am 21. Oktober 2021 vor dem Staatsschutzsenat des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Hamburg Anklage gegen

die deutsche Staatsangehörige Stefanie A.

erhoben.

Die Angeschuldigte ist hinreichend verdächtig, sich als Mitglied an zwei terroristischen Vereinigungen im Ausland beteiligt zu haben (§ 129a Abs. 1 Nr. 1 StGB, § 129b Abs. 1 Sätze 1 und 2 StGB). Darüber hinaus besteht der hinreichende Tatverdacht der Verletzung der Fürsorge- und Erziehungspflicht (§ 171 StGB) sowie der fahrlässigen Tötung zum Nachteil ihres Sohnes (§ 222 StGB). Diesen soll sie im Zusammenhang mit dem in Syrien herrschenden nichtinternationalen bewaffneten Konflikt mehrfach in bewaffnete Gruppen eingegliedert (§ 8 Abs. 1 Nr. 5 Var. 2 VStGB) und in diesem Zusammenhang auch zu seiner Verwendung zur aktiven Teilnahme an Feindseligkeiten Hilfe geleistet haben (§ 8 Abs. 1 Nr. 5 Var. 3 VStGB, § 27 StGB). Zudem ist sie wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz angeklagt (§ 52 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a WaffG).

In der nunmehr zugestellten Anklageschrift wird ihr im Wesentlichen folgender Sachverhalt zur Last gelegt:

Stefanie A. verließ im Sommer 2016 mit ihrem damals 13 Jahre alten Sohn die Bundesrepublik Deutschland, um fortan zusammen mit ihrem Ehemann, dem Vater ihres Sohnes, im Herrschaftsgebiet der ausländischen terroristischen Vereinigung „Islamischer Staat (IS)“ zu leben und sich dieser Vereinigung anzuschließen. Der Ehemann hatte Deutschland bereits im Sommer 2015 verlassen, sich dem IS angeschlossen und für diesen an bewaffneten Auseinandersetzungen in Syrien teilgenommen. Der ältere Sohn der Angeschuldigten verblieb hier.

Da die Angeschuldigte nicht direkt über die Türkei in das Herrschaftsgebiet des IS gelangen konnte, reiste sie mit ihrem Sohn zunächst nach Idlib. Dort schloss sie sich als Mitglied der terroristischen Vereinigung „Jund al-Aqsa“ an, um mit deren Hilfe nach Raqqa zum „Islamischen Staat“ zu kommen. Ihren nunmehr 14 Jahre alten Sohn stellte sie bereitwillig der „Jund al-Aqsa“ als Kämpfer zur Verfügung. Er wurde nacheinander in mehrere militärische Stützpunkte der Vereinigung aufgenommen. Später begann er eine Waffenausbildung, die er vorzeitig beenden musste, damit er in unmittelbarer Frontnähe stationiert sowie an Straßensperren und als Wache eingesetzt werden konnte. Im Rahmen dieser Einsätze geriet er zumindest einmal unter Beschuss und in unmittelbare Lebensgefahr.

Im Februar 2017 machten sich Stefanie A., ihr Sohn sowie die übrigen Mitglieder der „Jund al-Aqsa“, die sich zuvor in „Liwa al-Aqsa“ umbenannt hatte, auf den Weg in das Herrschaftsgebiet des IS. In dieser Phase geriet der Sohn der Angeschuldigten wiederholt in Lebensgefahr, da es zu Gefechten zwischen der Vereinigung sowie insbesondere syrischen Regierungstruppen kam.

Kurz nach ihrer Ankunft in Raqqa schloss sich die Angeschuldigte ihrem Plan entsprechend dem IS an, lebte mit ihrem Ehemann zunächst in Raqqa und führte ihm den Haushalt. Die Eltern, die finanziell vom IS versorgt wurden, stellten ihren Sohn dem „Islamischen Staat“ als Rekruten zur Verfügung. Dort erhielt er zunächst die für alle Rekruten obligatorische religiös-ideologische Ausbildung. Später absolvierte er im Alter von 15 Jahren den militärischen Teil der Ausbildung und wurde zu Kampfhandlungen herangezogen. Im Alter von nur 15 Jahren kam der Sohn der Angeschuldigten im März 2018 bei einem Bombenangriff ums Leben. Daraufhin trat Stefanie A. mit ihrem noch in Deutschland lebenden Sohn in Kontakt und forderte ihn auf, sich über den „Märtyrertod“ seines jüngeren Bruders zu freuen.

Stefanie A. selbst wurde von der Vereinigung mit einem sogenannten Sprengstoffgürtel ausgerüstet und führte während ihrer Mitgliedschaft beim IS ein Gewehr. Sie und ihr Ehemann hielten dem „Islamischen Staat“ bis zuletzt die Treue und ergaben sich den kurdischen Truppen erst im Februar 2019 in Baghouz. Von diesen wurde die Angeschuldigte in das Lager Al-Hawl gebracht.

Die Angeschuldigte befindet sich in Untersuchungshaft, nachdem sie am 24. März 2021 bei ihrer Einreise in das Bundesgebiet am Flughafen Berlin festgenommen worden war (vgl. Pressemitteilung Nr. 16 vom 24. März 2021).

Quelle: Generalbundesanwalt, Pressemitteilung vom 2. November 2021

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