Ein Insolvenzverwalter hat auf der Grundlage des Rechts der Informationsfreiheit gegenüber dem Finanzamt keinen Anspruch auf Auskunft über die steuerlichen Verhältnisse eines Insolvenzschuldners. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden.

Der Kläger ist Insolvenzverwalter. Er begehrt – unter Berufung auf das Informationsfreiheitsgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen – zur Prüfung von Insolvenzanfechtungsansprüchen steuerliche Auskünfte zu zwei insolventen Gesellschaften. Das zuständige Finanzamt lehnte die Anträge unter Berufung auf das Steuergeheimnis ab. Die hiergegen erhobenen Klagen hatten vor dem Verwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht Erfolg. Das Steuergeheimnis werde nicht verletzt.

Während des Revisionsverfahrens ist im Zusammenhang mit dem Inkrafttreten der Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) auch die Abgabenordnung geändert worden. Insbesondere enthält diese nun verschiedene Ausschlussgründe für dem Grunde nach bestehende Ansprüche auf Informationszugang nach den Informationsfreiheitsgesetzen bzw. der DS-GVO. Danach sind die Finanzbehörden nicht mehr neben etwaigen zivilrechtlichen Auskunftsansprüchen Informationszugangsansprüchen nach dem Recht der Informationsfreiheit oder – soweit natürliche Personen als Insolvenzschuldner betroffen sind – nach dem europäischen Datenschutzrecht ausgesetzt.

Wegen der insoweit aufgeworfenen unionsrechtlichen Fragen zu Art. 23 Abs. 1 Buchst. e und j DS-GVO hat der Senat die Verfahren ausgesetzt und ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union gerichtet. Der Gerichtshof (Az. C-620/19) hat sich mit Blick darauf, dass es vorliegend um Auskünfte zu juristischen Personen geht, hinsichtlich derer die Datenschutz-Grundverordnung keine Anwendung findet, für nicht zuständig erklärt.

Das Bundesverwaltungsgericht hat die Urteile des Oberverwaltungsgerichts und des Verwaltungsgerichts geändert und die Klagen abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Informationszugang zu steuerlichen Daten der Finanzbehörden. Das Auskunftsrecht besteht deswegen nicht gegenüber einer Finanzbehörde, weil die novellierte Abgabenordnung solche Auskunftsansprüche im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung über zivilrechtliche Ansprüche in Übereinstimmung mit der DS-GVO ausschließt (§ 32e; § 32c Abs. 1 Nr. 2 AO i.V.m. Art. 23 Abs. 1 Buchst. e und j DS-GVO). Die unionsrechtlichen Öffnungsklauseln in Art. 23 DS-GVO wollen den Schutz wichtiger Ziele des allgemeinen öffentlichen Interesses, etwa im Steuerbereich und die Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche sicherstellen.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht, Pressemitteilung vom 25. Februar 2022

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