Der Gerichtshof der Europäischen Union konnte, obwohl die Covid-19-Gesundheitskrise anhält,
seine Rechtsprechungstätigkeit 2021 auf einem sehr hohen Niveau halten.
Statistisch gesehen ist im vergangenen Jahr – nach einem vorübergehenden Rückgang im Jahr
2020 – wieder ein Aufwärtstrend bei der Zahl der bei den beiden Gerichten neu eingegangenen
Rechtssachen zu verzeichnen. Eine vergleichbare Entwicklung gibt es bei der Zahl der erledigten
Rechtssachen. Diese parallele Entwicklung bei der Gesamtzahl der 2021 eingegangenen und
erledigten Rechtssachen hat zur Folge, dass die Zahl der anhängigen Rechtssachen stabil
geblieben ist.

Gerichtshof
Der Anstieg bei den beim Gerichtshof neu eingegangenen Rechtssachen erklärt sich im
Wesentlichen durch die deutliche Zunahme der Rechtsmittel gegen Entscheidungen des Gerichts,
die auf dessen gesteigerte Tätigkeit zurückzuführen ist.

Bei den Vorlagen zur Vorabentscheidung steigt die Zahl der 2021 neu eingegangenen
Rechtssachen leicht an (567 im Jahr 2021 gegenüber 556 im Jahr 2020). Diese Vorlagen von
nationalen Gerichten aller Mitgliedstaaten der Union belegen die hervorragende Zusammenarbeit
zwischen diesen Gerichten und dem Gerichtshof, die es diesem insbesondere ermöglicht, eine
einheitliche Auslegung und kohärente Anwendung des Unionsrechts in der ganzen Union
sicherzustellen. 2021 stammten die meisten Vorabentscheidungsersuchen von deutschen (106),
bulgarischen (58), italienischen (46), rumänischen (38), österreichischen (37), belgischen (36),
spanischen (35) und polnischen Gerichten (34). Besonders groß war der Anstieg bei den Vorlagen
zur Vorabentscheidung aus Bulgarien (58 im Jahr 2021 gegenüber 28 im Jahr 2020) und
Rumänien (38 im Jahr 2021 gegenüber 20 im Jahr 2020).

Was die in der Rechtsprechung behandelten Themen angeht, zeigen speziell die im Lauf des
vergangenen Jahres zu Rechtsstaatlichkeit, Umwelt, Datenschutz, sozialem Schutz, Bekämpfung
von Gewalt gegen Frauen oder Verbraucherschutz ergangenen Entscheidungen, wie sehr die
Tätigkeit des Gerichtshofs im Zentrum der aktuellen Gegebenheiten und Herausforderungen steht
und sich konkret auf das Leben der Bürger und Unternehmen in der Europäischen Union auswirkt.
In diesem Zusammenhang hat der Präsident des Gerichtshofs Koen Lenaerts darauf hingewiesen,
dass es „in einer Zeit, in der eine weit verbreitete Tendenz besteht, die Autorität
gerichtlicher Entscheidungen zu bestreiten, und in bestimmten Mitgliedstaaten sogar das
europäische Integrationsprojekt und dessen fundamentale Werte und Grundsätze ganz
grundsätzlich in Frage gestellt werden, für die Legitimität der Entscheidungen des Organs
in erster Linie darauf ankommt, dass stets sorgfältig auf deren Qualität und
Überzeugungskraft geachtet wird“.


Das Gericht
Das Gericht hat eine besonders große Anzahl Rechtssachen erledigt und zieht damit den vollen
Nutzen aus der im September 2019 abgeschlossenen Reform des Gerichtssystems der Union.
Dieser Anstieg bei den erledigten Rechtssachen hat einen Rückgang beim Bestand der
anhängigen Rechtssachen zur Folge, und zwar trotz der gestiegenen Zahl der neu eingegangenen
Rechtssachen.
Der Präsident des Gerichts Marc van der Woude hat insoweit festgestellt, dass „das Gericht mit
951 im Jahr 2021 erledigten Rechtssachen und einem spürbaren Rückgang seines Bestands an anhängigen Rechtssachen trotz der Pandemie ein hervorragendes Ergebnis
erzielen konnte“.

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