Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) hat mit heute veröffentlichtem Urteil vom 8. März 2022 das Augsburger Klimacamp für den Zeitraum vom 1. Juli 2020 bis 10. Juli 2020 als verfassungsrechtlich geschützte Versammlung eingestuft und einen anderslautenden Bescheid der Stadt Augsburg für rechtswidrig erklärt.

Seit dem 1. Juli 2020 hatte die Klägerin, Fridays For Future Augsburg, neben dem Augsburger Rathaus mit Zelten und Pavillons das sogenannte Klimacamp errichtet, um sich insbesondere auch gegen die Klimapolitik der Stadt Augsburg zu wenden. Mit Bescheid vom 10. Juli 2020 stellte die Stadt Augsburg fest, dass das Klimacamp keine Versammlung im Sinne des Grundgesetzes mehr sei. Der hiergegen erhobenen Klage hat das Bayerische Verwaltungsgericht Augsburg stattgegeben und den Bescheid aufgehoben.

Der für das Versammlungsrecht zuständige 10. Senat des BayVGH hat nun die Berufung der Stadt Augsburg zurückgewiesen. Die Beklagte sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass das Klimacamp in dem vom Bescheid allein erfassten Zeitraum vom 1. Juli 2020 bis zum 10. Juli 2020 keine grundrechtlich geschützte Versammlung gewesen sei. Die Versammlungsfreiheit schütze im Hinblick auf den Zweck der öffentlichen Meinungsbildung vielfältige Formen gemeinsamen Verhaltens bis hin zu nicht verbalen Ausdrucksformen. Enthalte eine Veranstaltung sowohl Elemente, die auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichtet seien, als auch solche, die diesem Zweck nicht zuzurechnen seien, sei entscheidend, ob die Veranstaltung ihrem Gesamtgepräge nach eine Versammlung darstelle. Nach diesen Maßstäben habe beim Augsburger Klimacamp im vom Bescheid erfassten und damit allein streitgegenständlichen Zeitraum die Teilnahme an der öffentlichen Meinungsbildung und nicht der Event-, Spaß- und Entertainmentcharakter überwogen. Aktivitäten, die die Beklagte lediglich als Vorbereitung anderer Versammlungen eingestuft habe (Workshops, Plakatemalen etc.), hätten auch einen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung durch das Klimacamp dargestellt. Gleiches gelte für Treffen, Diskussionen und andere Formen des Meinungsaustausches mit Bundes-, Landes- und Kommunalpolitikern. Auch sei die am Veranstaltungsort errichtete Infrastruktur nicht, wie die Beklagte angenommen habe, im Wesentlichen vom Schutz der Versammlungsfreiheit auszunehmen gewesen.

Die Stadt Augsburg kann gegen das Urteil Revision beim Bundesverwaltungsgericht einlegen.

(BayVGH, Urteil vom 8. März 2022, Az. 10 B 21.1694)

Quelle: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Pressemitteilung vom 21. April 2022

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