Das sogenannte Werbeverbot für Schwangerschaftsabbrüche in Paragraf 219a des Strafgesetzbuches (StGB) soll gestrichen werden. Urteile, die aufgrund dieser Norm erlassen worden sind, sollen aufgehoben werden. Zudem sollen Regelungen des Heilmittelwerbegesetzes so angepasst werden, dass sowohl medizinisch indizierte als auch medizinisch nicht indizierte Schwangerschaftsabbrüche erfasst werden. Das sieht ein Gesetzentwurf der Bundesregierung (20/1635) vor, der am Freitag, 13. Mai, in erster Lesung beraten werden soll. Die Unionsfraktion hat zu dem Tagesordnungspunkt ebenfalls einen Antrag eingebracht (20/1017), der sich unter anderem gegen die Aufhebung des Paragrafen ausspricht.

Laut Entwurf soll zum einen Paragraf 219a StGB („Werbung für den Abbruch der Schwangerschaft“) in Gänze aufgehoben werden. Zur Begründung führt die Bundesregierung an, dass Ärztinnen und Ärzte nach der aktuellen Rechtslage mit strafrechtlicher Verfolgung rechnen müssten, „wenn sie sachliche Informationen über Ablauf und Methoden des Schwangerschaftsabbruchs öffentlich (etwa auf ihrer Homepage) bereitstellen oder in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3 StGB) darüber berichten“. Auch eine Reform der Norm im Jahr 2019 habe daran nichts geändert, wie die Bundesregierung mit Verweis auf die Verurteilung einer Gießener Ärztin schreibt. Durch die Einschränkungen für Ärztinnen und Ärzte werde betroffenen Frauen „zum einen der ungehinderte Zugang zu sachgerechten fachlichen Informationen über den sie betreffenden medizinischen Eingriff und zum anderen das Auffinden einer geeigneten Ärztin oder eines geeigneten Arztes erschwert“.

Vor dem Hintergrund der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung zum Schwangerschaftsabbruch betont die Bundesregierung in der Begründung, dass die geplante Streichung des Paragrafen 219a StGB mit „der grundgesetzlichen Schutzpflicht für das ungeborene Leben vereinbar“ sei. Der Paragraf sei „kein tragender Bestandteil des danach gebotenen Schutzkonzepts, dem der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung des Rechts des Schwangerschaftsabbruchs Rechnung zu tragen hat“. Die Aufhebung stehe zudem im Einklang mit dem sogenannten Beratungskonzept.

Der Entwurf sieht zum anderen Änderungen am Heilmittelwerbegesetz (HWG) vor, um zum einen der Gefahr zu begegnen, dass nach der Aufhebung des Paragrafen „unsachliche oder gar anpreisende Werbung für Schwangerschaftsabbrüche betrieben wird“. Dessen in Paragraf 1 geregelter Anwendungsbereich soll demnach auch auf „Schwangerschaftsabbrüche ohne Krankheitsbezug“ erweitert werden. Durch eine Anpassung in Paragraf 12 Absatz 2 HWG soll zum anderen das bisher geltende Verbot für Publikumswerbung für medizinisch indizierte Schwangerschaftsabbrüche aufgehoben werden. Damit solle künftig „die Möglichkeit der Information über medizinisch indizierte und medizinisch nicht indizierte Schwangerschaftsabbrüche im Rahmen der allgemeinen Vorgaben des HWG“ bestehen. Damit sei insbesondere irreführende Werbung nach Paragraf 3 HWG verboten. Zudem griffen die Vorgaben von Paragraf 11 für Publikumswerbung. Die Vorgaben des HWG würden für jedermann gelten, schreibt die Bundesregierung. Für Ärztinnen und Ärzte würden zudem die Regelungen der jeweiligen Berufsordnungen greifen, führt die Bundesregierung aus. „Es gibt daher keine Anhaltspunkte, dass nach der Aufhebung der Strafnorm des § 219a StGB werbende Handlungen für den straffreien Schwangerschaftsabbruch in einem Ausmaß erfolgen werden, das dem Schutz des ungeborenen Lebens zuwiderläuft“, heißt es in dem Entwurf.

Weiter ist laut Entwurf eine Änderung des Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuch vorgesehen. Mit dieser Änderungen sollen strafgerichtliche Urteile auf Grundlage von Paragraf 219a StGB in den Fassungen seit dem 16. Juni 1993 beziehungsweise auf Grundlage von Paragraf 219b StGB in der Fassung von 1. Oktober 1997 bis 15. Juni 1993 aufgehoben werden. Die den Urteilen zugrundeliegenden Verfahren sollen zudem gesetzlich eingestellt werden.

Die Bundesregierung hat den Gesetzentwurf als „besonders eilbedürftig“ in den Bundesrat eingebracht. Eine Stellungnahme der Länderkammer steht noch aus. Der Rechtsausschuss will sich am Mittwoch, 18. Mai 2022, im Rahmen einer öffentlichen Anhörung mit dem Gesetzentwurf und dem Unions-Antrag befassen.

Quelle: Deutscher Bundestag, HiB Nr. 206 vom 3. Mai 2022

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