Vor zehn Jahren führte der Gesetzgeber bundesweit die Möglichkeit der Durchführung von Güterichterverfahren ein. Seitdem sind auch am OLG Güterichterinnen und Güterichter tätig. Waren es zu Beginn nur fünf, stehen inzwischen elf Richterinnen und Richter für die Durchführung von Güterichterverfahren im Zivil- und Familienbereich zur Verfügung. Sie haben in den vergangenen Jahren ca. 800 Verfahren bearbeitet und davon mehr als die Hälfte zu einer gütlichen Einigung führen können. Eine solche einverständliche Streitbeilegung zwischen den Konfliktparteien dient der nachhaltigen Sicherung des Rechtsfriedens und entlastet zudem die Rechtsprechung von häufig umfangreichen und zeitaufwändigen Verfahren. Um die Parteien zu einer konsensualen Lösung zu führen, setzen die Güterichterinnern und Güterichter verschiedene Methoden der Konfliktbeilegung, einschließlich der Mediation, ein. Dies wird im Rahmen einer besonderen Ausbildung und durch begleitende Fortbildungen erlernt und vertieft.

Das Güterichterverfahren hat sich in den letzten zehn Jahren als sehr erfolgreich erwiesen. Ziel des Verfahrens ist dabei eine weitest gehende Befriedung der Parteien. Soweit möglich werden deshalb alle streitigen Verfahren einbezogen, die die Parteien miteinander verbinden. Dies kann auch Verfahren in anderen Bundesländern betreffen. Bei ca. einem Drittel aller Güteverfahren können so weitere Rechtsstreitigkeiten der Konfliktparteien miterledigt werden.

Anfang des Jahres gelang es in einer 8 ½ stündigen Güterichtersitzung sogar, insgesamt neun Verfahren zu erledigen; vier am OLG und weitere fünf Verfahren anderer Amts- und Landgerichte auch aus anderen Bundesländern. Das geschiedene Ehepaar war wirtschaftlich und emotional über zahlreiche Unternehmen, Immobilien und Verbindlichkeiten miteinander verbunden. Das Güterichterverfahren führte zu einer Neuordnung der Verbindlichkeiten und der Entflechtung der Unternehmen und Immobilien unter Einbindung der nächsten Generation.

Für ein Güterichterverfahren eignen sind grundsätzlich Streitigkeiten, in denen die Parteien eine persönliche – auch geschäftliche – Beziehung haben. Im Zivilbereich bieten sich dabei insbesondere etwa Nachbarschaftsstreitigkeiten, Erbschaftsfälle, gesellschaftsrechtliche Verfahren oder auch Verfahren in Bezug auf allgemeine Geschäftsbeziehungen an. Im Familienrecht betrifft dies vor allem die Familienstreitsachen. Bei Trennungen und Scheidungen werden häufig komplexe Konflikte und Streitigkeiten mit vielen ineinander verwobenen Verfahren ausgetragen, etwa betreffend Unterhalt für Vergangenheit und Zukunft, Versorgungsausgleich, Zugewinnausgleich, Gesamtschuldnerausgleich, Vermögensauseinandersetzung, Immobilien, Auseinandersetzung von Miteigentum. Gerade im Hinblick auf die emotionale Komponente kann eine über das Güterichterverfahren erlangte Gesamteinigung dann einen großen befriedenden Charakter entfalten.

Das Güterichterverfahren wird sowohl im Zivil- als auch im Familienbereich relativ konstant in den letzten Jahren mit jeweils ca. 40 Verfahren pro Jahr genutzt. „Die Gerichte bieten im Interesse der Bürgerinnen und Bürger verschiedene Möglichkeiten zur Streiterledigung an. Das Güterichterverfahren ist eine bewährte und unverzichtbare Ergänzung zu den traditionellen gerichtlichen Verfahren. Die Güterichterinnen und -richter des OLG sind hoch qualifiziert und sehr engagiert. Sie haben das Güterichterverfahren in den vergangenen 10 Jahren zu einem Erfolgsmodell an unserem Gericht gemacht und umfassenden Rechtsfrieden in zahlreichen Streitfällen erreicht“, führte OLG-Präsident Roman Poseck ergänzend aus.

Am 16.5.2022 findet der Güterichtertag im Landesarbeitsgericht Frankfurt am Main statt, zu dem mehr als 50 Güterichterinnen und Güterichter aus Hessen erwartet werden. Das Güterichterverfahren wird neben dem OLG auch an den hessischen Amts- und Landgerichten und in den Fachgerichtsbarkeiten angeboten.

Erläuterungen

§ 278 ZPO Gütliche Streitbeilegung, Güteverhandlung, Vergleich


 (5) Das Gericht kann die Parteien für die Güteverhandlung sowie für weitere Güteversuche vor einen hierfür bestimmten und nicht entscheidungsbefugten Richter (Güterichter) verweisen. 2Der Güterichter kann alle Methoden der Konfliktbeilegung einschließlich der Mediation einsetzen.

Quelle: Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Pressemitteilung vom 11. Mai 2022

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