Die grenzüberschreitende Zustellung und Beweisaufnahme zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union soll künftig elektronisch erfolgen und so beschleunigt und vereinfacht werden. Das ist das wesentliche Ziel eines von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurfes (20/1110), den der Rechtsausschuss in seiner Sitzung am Mittwochmorgen in geänderter Fassung beschlossen hat. Für die Vorlage stimmten die Vertreter der Fraktionen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen, FDP, CDU/CSU und Die Linke bei Ablehnung durch die Vertreter der AfD-Fraktion. Einen Änderungsantrag der AfD-Fraktion lehnte der Ausschuss mit den Stimmen aller übrigen Fraktionen ab.

Vorrangig sollen mit dem Regierungsentwurf zwei im Jahr 2020 neu gefasste EU-Verordnungen zur Zivilrechtshilfe umgesetzt werden. Zudem sind laut Entwurf Änderungen in sonstigen Vorschriften im Zusammenhang mit dem Gesetz zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts vorgesehen sowie die Rechtsbereinigung in sonstigen Vorschriften. Die zweite und dritte Lesung stehen am Donnerstagabend auf der Tagesordnung des Bundestages.

Mit ihrem Änderungsantrag erweitern die Koalitionsfraktionen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP den Entwurf um sieben auf nun insgesamt 23 Artikel. Der Schwerpunkt der Änderungen ergibt sich aus veränderten Ressortzuständigkeiten im Zuge der Regierungsbildung. „Um die veränderten Zuständigkeiten, die geänderten Ressortbezeichnungen und die Übertragung von Verwaltungsaufgaben entsprechend dem Organisationserlass klarzustellen, sollen die betreffenden Rechtsvorschriften angepasst werden“, heißt es in der Begründung des Änderungsantrages. Kleine Änderungen betreffen danach Durchführungsvorschriften zu den Europäischen Zivilrechtshilfeverordnungen im Elften Buch der Zivilprozessordnung.

Zudem gehen die Koalitionsfraktionen auf Anregungen des Bundesrates in dessen Stellungnahme zu dem Gesetzentwurf (20/1416) ein. Die Länderkammer hatte vor allem Änderungen bezüglich der Vorschriften im Zusammenhang mit dem Gesetz zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrecht gefordert. Neben redaktionellen Änderungen soll nun auf Wunsch der Länder unter anderem ermöglicht werden, durch eine Ergänzung des Paragrafen 11 Absatz 3 des Betreuungsorganisationsgesetzes „den Betreuungsbehörden auch im gerichtlichen Verfahren zu ermöglichen, die Durchführung der erweiterten Unterstützung an anerkannte Betreuungsvereine oder selbstständige Berufsbetreuer zu übertragen“.

Angepasst werden soll laut Änderungsantrag in Paragraf 25 des Betreuungsorganisationsgesetzes zudem das Intervall, in dem berufliche Betreuer der Stammbehörde Änderungen im Bestand der von ihnen geführten Betreuungen mitteilen müssen. Es wird von vier auf sechs Monate verlängert. Das sei ein guter Kompromiss „zwischen dem Interesse der Stammbehörde an einem möglichst aktuellen Überblick über die zum Zeitpunkt der Bestellungsentscheidung bestehende Auslastung der beruflichen Betreuer und dem nachvollziehbaren Wunsch der beruflichen Betreuer nach möglichst geringem bürokratischem Aufwand“, heißt es zur Begründung.

Die AfD-Fraktion hatte gefordert, auf die Neufassung des Paragrafen 14 HZÜ/HBÜ-AusfG (Artikel 3 Nr. 3 im Gesetzentwurf der Bundesregierung) zu verzichten. Mit dem neu gefassten Paragrafen soll die Erledigung von Rechtshilfeersuchen aus Common-Law-Staaten unter der Bezeichnung „pre-trial discovery of documents“ unter bestimmten Voraussetzungen ermöglicht werden. Bisher ist das – mit Bezug auf Artikel 23 des „Übereinkommen über die Beweisaufnahme im Ausland in Zivil- oder Handelssachen“ – nicht vorgesehen. Zur Begründung verwies die AfD-Fraktion auf einen entsprechenden Beschluss und die Begründung des Rechtsausschusses in der 18. Wahlperiode, der eine solche Öffnung abgelehnt habe (Beschlussempfehlung: 18/11637, Seite 1).

Die hib-Meldung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung: https://www.bundestag.de/presse/hib/kurzmeldungen-885876

Die hib-Meldung zur Stellungnahme des Bundesrates: https://www.bundestag.de/presse/hib/kurzmeldungen-890544

Der Vorgang im DIP: https://dip.bundestag.de/vorgang/gesetz-zur-durchf%C3%BChrung-der-eu-verordnungen-%C3%BCber-grenz%C3%BCberschreitende-zustellungen-und-grenz%C3%BCberschreitende/284855

Quelle: Deutscher Bundestag, HiB Nr. 244 vom 18. Mai 2022

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