Mit Urteil von heute hat die 1. Kammer des Verwaltungsgerichts Osnabrück nach mündlicher Verhandlung einen Abfallgebührenbescheid der vom Landkreis Osnabrück mit der Erstellung und Versendung von Bescheiden beauftragten Abfallwirtschaft Landkreis Osnabrück GmbH (AWIGO) aufgehoben.

Der Kläger, Wohnungseigentümer und Miteigentümer eines mit einem Mehrfamilienhaus bebauten Grundstücks in Bersenbrück, war mit Abfallgebührenbescheid aus Januar 2021 zu Abfallgebühren für das Jahr 2021 und die Folgejahre, bestehend aus Grundstücksgrundgebühr, Behältergrundgebühr und Leistungsgebühr, für das gesamte Grundstück herangezogen worden. Bescheide an die übrigen Miteigentümer ergingen nicht. Damit änderte die   AWIGO ihre bisherige Praxis, nach der sie mehrere Grundstückseigentümer anteilig entsprechend ihrem jeweiligen Miteigentumsanteil am Grundstück herangezogen hatte (s. dazu auch NOZ online vom 16.03.2021 „Awigo-Gebühren: Einer muss für alle zahlen – und Geld von Nachbarn eintreiben“). Der Kläger war der Auffassung, dass es nicht zulässig sei, einen Miteigentümer für die gesamten Gebühren heranzuziehen und es ihm zu überlassen, sich mit den übrigen Miteigentümern auseinanderzusetzen und erhob eine Anfechtungsklage vor dem Verwaltungsgericht.

Seine Klage hatte Erfolg. Zur Begründung des stattgebenden Urteils führte die Kammer aus, dass der beklagte Landkreis in seiner Abfallgebührensatzung zwar gem. § 11 Abs. 1 Nr. 2b NKAG i.V.m. § 44 AO eine gesamtschuldnerische Haftung von Miteigentümern vorsehen dürfe. Es bestünden daher keine Zweifel an der Wirksamkeit der dem Gebührenbescheid zugrundeliegenden Abfallgebührensatzungen aus den Jahren 2020 und 2021. Auch habe der Landkreis die AWIGO mit der Gebührenerhebung beauftragen dürfen. Der Gebührenbescheid sei aber inhaltlich rechtswidrig, weil die AWIGO ihr Auswahlermessen nicht fehlerfrei ausgeübt habe. Obgleich im Gebührenrecht grundsätzlich keine Bedenken dagegen bestünden, nur einen von mehreren Miteigentümern, die Gesamtschuldner seien, in Anspruch zu nehmen, müsse das Auswahlermessen ordnungsgemäß ausgeübt werden. Daran fehle es hier. Die AWIGO habe nicht plausibel erläutern können, nach welchen Kriterien sie die Auswahlentscheidung bei mehreren Gebührenschuldnern treffe. Vielmehr sei nach dem Inhalt des Verwaltungsvorgangs der Eindruck entstanden, die Gebührenschuldner seien nicht nach einem bestimmten System, sondern vielmehr nach dem Zufallsprinzip ausgewählt worden. Ein solches Vorgehen sei willkürlich und damit rechtswidrig.

Das Urteil (Az. 1 A 32/21) ist noch nicht rechtskräftig und kann binnen eines Monats nach Zustellung der schriftlichen Urteilsgründe mit dem Antrag auf Zulassung der Berufung vor dem Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht in Lüneburg angefochten werden.

Quelle: Verwaltungsgericht Osnabrück, Pressemitteilung vom 18. Mai 2022

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