Der Hessische Verwaltungsgerichtshof hat mit Beschluss vom 31. Mai 2022 einen Antrag
des Landes Hessen auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des
Verwaltungsgerichts Wiesbaden vom 2. Juli 2021 (Aktenzeichen: 6 K 1234/20.WI)
abgelehnt. Mit dem angegriffenen Urteil hatte das Verwaltungsgericht das Land Hessen
verurteilt, nach Maßgabe eines Bescheides vom 17. Dezember 2012 in Kooperation mit
dem Verein Islamische Religionsgemeinschaft DITIB – Hessen e. V. an staatlichen
Schulen in Hessen islamischen Religionsunterricht zu erteilen.
Durch den Einrichtungsbescheid vom 17. Dezember 2012 begründete das Land Hessen
mit dem Verein eine Kooperationspartnerschaft für einen bekenntnisorientierten
islamischen Religionsunterricht in Hessen. Zum Schuljahr 2013/2014 wurde der
bekenntnisorientierte islamische Religionsunterricht zunächst in der Jahrgangsstufe 1 an
insgesamt 26 Grundschulen als ordentliches Lehrfach in Hessen eingeführt und seitdem
in Kooperation mit dem Verein durchgeführt. In den darauffolgenden Schuljahren erfolgte
eine Ausweitung des islamischen Religionsunterrichts. Im Schuljahr 2016/2017 wurde
der Religionsunterricht an 56 Grundschulen in den Jahrgangsstufen 1 bis 4 für zirka 3.200
muslimische Schulkinder erteilt. In den beiden folgenden Schuljahren umfasste das
Angebot auch die Jahrgangsstufen 5 und 6 der weiterführenden Schulen. Im Schuljahr
2019/2020 wurde der islamische Religionsunterricht an 62 Schulen angeboten.
Unter anderem mit einer Pressemitteilung vom 28. April 2020 erklärte das Hessische
Kultusministerium, dass die Vollziehung des Bescheides vom 17. Dezember 2012 zum
Ende des laufenden Schuljahres 2019/2020 vollständig ausgesetzt werde. Es verwies
zur Begründung auf die zwischenzeitlich aufgekommenen Zweifel an der grundsätzlichen
Eignung des Vereins als Kooperationspartner für den bekenntnisgebundenen
Religionsunterricht, die insbesondere seine hinreichende Unabhängigkeit von der
Religionsbehörde des türkischen Staates beträfen. Die hiergegen im November 2020
erhobene Klage des Vereins hatte in erster Instanz Erfolg.
Der 7. Senat des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs hat das Urteil des
Verwaltungsgerichts Wiesbaden nunmehr bestätigt. Zur Begründung hat der Senat im
Wesentlichen ausgeführt, der Anspruch des Vereins auf Erteilung bekenntnisorientierten
islamischen Religionsunterrichts an staatlichen Schulen in Hessen folge unmittelbar aus
dem Einrichtungsbescheid vom 17. Dezember 2012. Dieser begründe als
rechtsgestaltender Verwaltungsakt unmittelbar und rechtsverbindlich ein auf Dauer
angelegtes Kooperationsverhältnis mit dem Verein und gewähre ihm einen Anspruch auf
aktive Kooperation.
Das Land Hessen sei nicht befugt gewesen, den seit dem Schuljahr 2013/2014
eingerichteten islamischen Religionsunterricht landesweit einzustellen. Der
Einrichtungsbescheid vom 17. Dezember 2012 entfalte weiterhin Bindungswirkung, denn
er sei nicht zurückgenommen, widerrufen oder anderweitig aufgehoben worden und habe
sich auch nicht durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt. Einer nunmehr vom Land
Hessen als verfassungswidrig erachteten Fortsetzung des eingerichteten
Religionsunterrichts könne es allein durch eine Aufhebung des Einrichtungsbescheids
nach den gesetzlichen Regelungen über die Rücknahme und den Widerruf von
Verwaltungsakten begegnen. Der Bescheid enthalte schließlich keine Regelungen, die
das Land Hessen berechtigten, seine Vollziehung auszusetzen und den Unterricht
landesweit einzustellen.

Der Beschluss ist unanfechtbar. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Wiesbaden ist damit
rechtskräftig.


Aktenzeichen: 7 A 1802/21.Z

Quelle: Hessischer Verwaltungsgerichtshof, Pressemitteilung vom 1. Juni 2022

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