Die Vermietung von Wohnraum „pro Matratze“ ist sittenwidrig und damit nichtig. Eine beabsichtigte Klage eines Pächters nach fristloser Kündigung des Pachtvertrags auf Schadensersatz u.a. wegen dieser entgangenen Mieteinnahmen hat keine Erfolgsaussicht. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) hat mit heute verkündeter Entscheidung die Beschwerde eines Pächters von drei Gebäuden in Wiesbaden gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen.

Der Antragsteller pachtete vom Antragsgegner im Frühjahr 2014 für zehn Jahre in Wiesbaden drei Gebäude. Er durfte die Gebäude zu Wohnzwecken nutzen und untervermieten. 2015 erfolgte eine polizeiliche Kontrolle der Gebäude, bei der man 61 Personen in den Gebäuden antraf. In lokaler Berichterstattung wurde die dortige Wohnsituation Ende 2016 als unverändert geschildert und darauf hingewiesen, dass Wohnraum „pro Matratze“ an Bulgaren und Rumänen vermietet werde und das Gebäude verwahrlose. Nach Angaben des Ordnungsamtes waren in dem Objekt 85 Personen gemeldet. 2018 wurde anlässlich von Ortsterminen des Sozialdezernenten und Mitarbeitern des Baudezernats erneut von unveränderten Zuständen lokal berichtet. Es erfolgte u.a. ein Bescheid des Magistrats zur unverzüglichen Bekämpfung des infolge Vermüllung vorhandenen Rattenbefalls.

Der Antragsgegner kündigte den Pachtvertrag im Mai 2019 fristlos wegen Zahlungsverzugs und erteilte dem Antragsteller ein Hausverbot. Der Antragsteller forderte dagegen Erstattung entstandener Renovierungskosten und verwies auf nicht eingehaltete Verkaufspläne. Mit dem streitgegenständlichen Antrag begehrt er Prozesskostenhilfe, um den Antragsgegner auf Zahlung von gut 100.000 € Schadensersatz zu verklagen. Das Landgericht hatte den Antrag zurückgewiesen.

Die hiergegen eingelegte Beschwerde hatte auch vor dem OLG keinen Erfolg. Die beabsichtigte Klage sei nicht erfolgversprechend, begründete das OLG seine Entscheidung. Dem Antragsteller stünden keinerlei Zahlungsansprüche gegen den Antragsgegner zu. Pflichtverletzungen des Antragsgegners im Zusammenhang mit dem Verkauf lägen nicht vor. Das Pachtverhältnis sei zudem wegen Verwahrlosung der Pachtsache und Zahlungsverzugs wirksam fristlos gekündigt worden. Der Antragsteller habe die Pachtsache durch Vernachlässigung der ihm obliegenden Sorgfaltspflichten erheblich gefährdet und sie unbefugt Dritten überlassen. Der Zustand ergebe sich aus den Feststellungen im ordnungspolizeilichen Bescheid des Magistrats; zudem habe der Antragsteller die Angaben in den Presseberichten nicht konkret bestritten.

Durch das Hausverbot habe der Antragsgegner zwar verbotene Eigenmacht ausgeübt. Ein Anspruch auf deshalb entfallene Mieteinnahmen stehe dem Antragsteller dennoch nicht zu, da das Pachtverhältnis bereits wirksam gekündigt war. Zudem wäre eine Untervermietung der gepachteten Räume angesichts des Zustands der Pachtsache schwer oder gar nicht möglich gewesen. Die Polizei habe im August 2019 festgestellt, dass der Aufenthalt von Menschen in den Räumen einen Verstoß gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstelle. Gesundheitsschutz und Gefahrenabwehr hätten gegen ein Aufenthaltsrecht gesprochen. Ob die zuvor praktizierte Untervermietung gegen die guten Sitten verstieß, bedürfe hier zwar keiner Entscheidung. Eine Vermietung von Wohnraum pro Matratze an Rumänen und Bulgaren sei jedoch sittenwidrig und führe zur Nichtigkeit der Untermietverhältnisse. Diese Untermietverhältnisse verstießen zudem gegen das Verbot der Überbelegung von Wohnraum (§ 7 HWoAufG).

Die Entscheidung kann nicht angefochten werden.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Beschluss vom 18.5.2022, Az. 2 W 45/22
(vorausgehend LG Wiesbaden, Beschluss vom 26.10.2021, Az. 8 O 63/21)

Quelle: Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Pressemitteilung vom 23. Juni 2022

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