Das Verwaltungsgericht Dresden hat mit Beschluss vom 13. Juli 2022 den Eilantrag eines Versammlungsteilnehmers gegen beschränkende Verfügungen (Auflagen) des Landkreises Bautzen zu einer Versammlung  (Waldcamp Würschnitz) weitgehend abgelehnt.

Der Antragsteller ist eigenen Angaben zufolge Teilnehmer eines Waldcamps, mit dem seit August 2021 auf dem künftig für einen Kiestagebau vorgesehen Gelände im Staatswald in der Nähe von Würschnitz und Ottendorf-Ockrilla (Landkreis Bautzen) gegen die Inanspruchnahmen der Fläche protestiert wird. Die Teilnehmer des Camps haben auf dem Gelände verschiedene Zelte sowie weitere Bauten errichtet. Sie haben ferner in, auf sowie zwischen den Bäumen mit Seilen mehrere Baumhäuser und Plattformen befestigt, die teilweise untereinander durch Seilbrücken verbunden sind. Vom Boden aus können diese Baumhäuser durch Holzleitern, Strickleitern oder Seile erreicht werden. Die Baumhäuser sind teilweise mit Öfen beheizbar. Das Camp ist seit seiner Errichtung durch eine wechselnde Anzahl von Personen bewohnt worden.

Die Versammlungsbehörde des Antragsgegners hat verschiedentlich versucht, Kontakt zu den Teilnehmern des Camps aufzunehmen, um zu erreichen, dass diese einen Versammlungsleiter benennen, mit dem die Behörde Absprachen bezüglich der Durchführung des Camps hätte treffen können. Dies ist von den Teilnehmern des Camps unter Hinweise auf die „hierarchielose“ Organisationsform der Versammlung abgelehnt worden. Dem Bezirksschornsteinfeger wurde jedoch die Prüfung der in den Baumhäusern vorhandenen Feuerstätten gestattet. Im Ergebnis dieser Prüfung wurde der Betrieb der Öfen in der bestehenden Form aus Brandschutzgründen untersagt.

Der Landkreis Bautzen hat nach verschiedenen Erörterungen u. a. mit dem Staatsbetrieb Sachsenforst als Bewirtschafter des Staatswaldes mit Allgemeinverfügung vom 18. Mai 2022 zu der Versammlung verschiedene Auflagen erlassen und deren Sofortvollzug angeordnet. Der Versammlungsort wurde bestätigt. Ferner wurde den Versammlungsteilnehmern auferlegt, einen Versammlungsleiter zu benennen und für die baulichen Anlagen einen Standsicherheitsnachweis zu erbringen sowie verschiedene bauliche Maßnahmen an den Baumhäusern vorzunehmen. Bis dahin wurde die Nutzung der baulichen Anlagen untersagt. Ferner hat die Behörde unter Fristsetzung aufgegeben, Flucht- und Rettungswege vorzuhalten und freizuräumen und diese zu kennzeichnen. In diesem Zusammenhang wurde auch der Abbau von im Waldgebiet errichteten Blockaden auferlegt. Weiter enthält die Allgemeinverfügung verschiedene Auflagen zum Brandschutz. Neben der Bekräftigung des Verbots, vorhandene Öfen zu betreiben, hat der Antragsgegner insbesondere verfügt, dass einen Löschwasservorrat im Umfang von 30 m³ bereitzuhalten ist. Zum Schutz der Umwelt wurde ferner u. a. angeordnet, das vorhandener Müll, anfallende Abwässer und Fäkalien sowie vorhandene Latrinen zu entsorgen bzw. zu beräumen sind. Schließlich wurde den Versammlungsteilnehmern auch auferlegt, mitgeführte Hunde anzuleinen.

Der Antragsteller hat verschiedene Auflagen der Allgemeinverfügung angegriffen und sich darauf bezogen, dass diese dem Grundrecht der Versammlungsfreiheit nicht gerecht würden. Die Allgemeinverfügung sei bereits rechtswidrig, weil vor ihrem Erlass kein Kooperationsgespräch zwischen den Versammlungsteilnehmern und der Behörde stattgefunden habe. Ein Versammlungsleiter könne allerdings wegen der selbstgewählten Versammlungsorganisation nicht benannt werden. Die Auflagen seien rechtswidrig, weil sie nicht erfüllbar seien und ersichtlich nur dem Zweck dienten, die Versammlung zu verhindern. Das treffe insbesondere auf die Auflagen zum Nachweis der Standsicherheit der Bauten sowie des Bereithalten von Löschwassers zu. Die Erfüllung dieser Auflagen würde Kosten in geschätzter Höhe von 50.000,- € verursachen, die von den Versammlungsteilnehmern nicht geleistet werden könnten und die vom Antragsgegner zu tragen seien. Im Übrigen seien die Auflagen nicht notwendig bzw. die Annahmen, die zu ihrem Erlass geführt hätten, seien nicht zutreffend.

Das Verwaltungsgericht ist der Argumentation des Antragstellers überwiegend nicht gefolgt. Es ist allerdings der Auffassung der Beteiligten gefolgt, dass die Durchführung des Waldcamps als Versammlung im Sinne des Versammlungsgesetzes anzusehen und vom Grundrecht der Versammlungsfreiheit geschützt sei. Nicht gefolgt werden könne allerdings der Auffassung, dass die Benennung eines Versammlungsleiters unterbleiben könne. Die Benennung eines Versammlungsleiters sehe § 14 des Sächsischen Versammlungsgesetz vor. Mit diesem könne die Versammlungsbehörde dann Kooperationsgespräche durchführen, um den Ablauf der Versammlung besser absichern zu können. Werde dieser nicht benannt, könne sich der Antragsteller auf eine aus diesem Grund behauptete Rechtswidrigkeit der verfügten Auflagen auch nicht berufen. Die vom Antragsteller angebotene Kommunikation zwischen Behörde und Versammlungsteilnehmern über eine E-Mail-Adresse oder ein „Waldtelefon“ reiche jedenfalls nicht aus. Auch die übrigen Auflagen seien im Wesentlichen rechtmäßig. Sie beruhten auf § 15 Abs. 1 Sächsisches Versammlungsgesetz. Die Auflagen zur Prüfung der Bauten sowie zum Brandschutz seien erforderlich und angemessen, auch wenn sie im Zusammenhang mit einem Versammlungsgeschehen stünden. Denn diese Auflagen seien zur Abwehr von Gefahren für Leib und Leben nicht nur der Versammlungsteilnehmern, sondern auch von unbeteiligten Dritten ergangen. Entsprechendes gelte für die Auflagen, die Zufahrt zum Versammlungsgelände freizuräumen. Die Auflagen zum Umweltschutz seien ebenfalls rechtlich nicht zu beanstanden. Soweit sich der Antragsteller gegen einen Hinweis in der Allgemeinverfügung gewandt habe, wonach Unwetterwarnungen zu beachten seien, sei der Antrag allerdings unzulässig, weil es sich nicht um eine verpflichtende Auflage, sondern lediglich um einen Hinweis gehandelt habe. Erfolg hatte der Antragsteller, soweit er sich gegen die Verpflichtung Versammlungsteilnehmer gewandt hatte, sich täglich bei der örtlich zuständigen Gemeinde melden und im Fall einer Evakuierung einen Sammelplatz aufsuchen zu müssen. Diese Auflage sei auch unter Hinweis auf die Notwendigkeit, in einem Evakuierungsfall zu wissen, wie viele Personen sich im Camp aufhalten, nicht rechtmäßig, weil es an einer Rechtsgrundlage für diese Auflage fehle. Auch die Auflage zur Beachtung der Schutzzonenordnung eines Wasserschutzgebietes sei rechtswidrig, weil das Waldcamp nicht in einem Wasserschutzgebiet liege. Soweit der Antragsteller noch die Übernahme von Kosten für die Prüfung der Standsicherheit von Bauten und das Vorhalten von Löschwasser gefordert habe, könne dem nicht gefolgt werden, weil Veranstalter und Teilnehmer von Versammlungen ihre Kosten selbst zu tragen hätten; nur die Kosten einer polizeilichen Absicherung einer Versammlung seien kostenfrei. Schließlich bestehe auch nicht der geltend gemachte Anspruch, vom Vermummungsverbot bei Versammlungen befreit zu werden. Die Behauptung, die Vermummungen dienten dem Schutz vor Corona-Infektionen oder zur Vermeidung der Identifikation durch gewaltbereite Rechtsradikale, sei nicht glaubhaft.

Gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts (Aktenzeichen: 6 L 432/22) wurde inzwischen Beschwerde beim Sächsische Oberverwaltungsgericht erhoben.

Quelle: Verwaltungsgericht Dresden, Pressemitteilung vom 22. Juli 2022

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