Der 7. Strafsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf (Staatsschutzsenat) hat heute, am 26. Juli 2022, eine deutsche Staatsangehörige aus Nordrhein Westfalen wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer ausländischen terroristischen Vereinigung in drei Fällen, hiervon in einem Fall in Tateinheit mit schwerer Entziehung Minderjähriger und zugleich mit Verletzung der Fürsorge- oder Erziehungspflicht und in einem weiteren Fall in Tateinheit mit Ausübung der tatsächlichen Gewalt über Kriegswaffen, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 3 Jahren und 6 Monaten verurteilt. Der Vorsitzende Richter am Oberlandesgericht Lars Bachler verkündete das Urteil nach 13 Verhandlungstagen.

Nach den Feststellungen des Senats reiste die Angeklagte im Juli 2015 mit ihrem zum damaligen Zeitpunkt 5 Jahre alten Sohn ? ohne Kenntnis und Einwilligung des von der Angeklagten geschiedenen und ebenfalls personensorgeberechtigten Kindesvaters ? über die Türkei nach Syrien und schloss sich dort dem „Islamischen Staat“ an. Ihr neuer Ehemann nach islamischem Ritus folgte ihr Ende August und wurde zunächst als Kämpfer für den IS eingesetzt. Die Angeklagte führte den Haushalt und erzog ihren Sohn im Sinne der Ideologie des IS. Die Angeklagte und ihr Ehemann verfügten über zwei Sturmgewehre vom Typ Kalaschnikow. Während der Zeit beim IS war ihr Sohn mehrfach Bombardierungen ausgesetzt und überlebte zweimal unverletzt nur knapp einen Bombenangriff. Im Januar 2019 ergaben sie sich kurdischen Kräften, die Angeklagte und ihre Kinder ? zwei weitere Kinder wurden in Syrien geboren ? wurden fortan in kurdischen Lagern interniert. Ihre Rückführung erfolgte im Oktober 2021.

Der Senat hat bei der Strafzumessung zugunsten der nicht vorbestraften Angeklagten maßgeblich berücksichtigt, dass sie teilweise geständig war und sich mittlerweile von der dschihadistischen Vereinigung IS abgewandt sowie auch mit dem salafistisch-islamistischen Spektrum abgeschlossen hat. Mit erheblichem Gewicht strafmildernd hat sich ausgewirkt, dass sie etwa 2 Jahre und 9 Monate in kurdischen Lagern interniert war, in denen die allgemeine und die medizinische Versorgung desolat war. Straferschwerend wiegt die verhältnismäßig lange Dauer ihrer Mitgliedschaft beim IS von etwa dreieinhalb Jahren und der lange Zeitraum der Kindesentziehung und der Verletzung der Fürsorgepflicht, wobei für das Kind mehrfach Lebensgefahr bestand.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Angeklagte und der Generalbundesanwalt können Revision einlegen, über die der Bundesgerichtshof zu entscheiden hätte.

Quelle: Oberlandesgericht Düsseldorf, Pressemitteilung vom 26. Juli 2022

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