Niedersachsen setzt sich im Bundesrat dafür ein, die Terminierung von Gerichtsprozessen zu erleichtern. Aktueller Anlass ist das Problem, dass in Deutschland Strafprozesse zu platzen drohen. Der Grund dafür ist das Auslaufen einer vom Bundesgesetzgeber im März 2020 geschaffenen, zeitlich befristeten Vorschrift, wonach Gerichtsprozesse aufgrund von Infektionsschutzmaßnahmen länger als üblich unterbrochen werden konnten. Diese Regelung ist zum 30. Juni 2022 entfallen.

Niedersachsen schlägt vor, die ausgelaufene Regelung so schnell wie möglich wieder einzuführen. Justizministerin Havliza: „Die Rufe aus der Praxis sind laut. Die Gerichte benötigen in diesen Corona-Wochen dringend mehr Spielraum, um die Prozesse zu terminieren. Wir sollten nicht darauf warten, bis die ersten Prozesse geplatzt sind, sondern müssen jetzt aufs Tempo drücken.“

Grundsätzlich erlaubt die Strafprozessordnung (StPO) nur eine vergleichsweise kurze Unterbrechung einer Hauptverhandlung. Die StPO sieht Unterbrechungen der Hauptverhandlung grundsätzlich bis zu drei Wochen vor, nach zehn Verhandlungstagen bis zu einem Monat – und in klar benannten Fällen (Erkrankung oder Mutterschutz) kann der Zeitraum weiter verlängert werden. Auf Unterbrechungen aufgrund von Quarantäne-Anordnungen ist die StPO aber nicht ausreichend eingestellt. Versäumt man die bestehenden Unterbrechungsfristen nur um einen Tag, muss die komplette Verhandlung neu begonnen werden. Das ist nicht nur für die Gerichte frustrierend und für die Opferzeugen belastend – es kostet den Steuerzahler auch sehr viel Geld.

In einem weiteren Schritt soll im Wege einer Bundesratsinitiative der Sachgrund der „höheren Gewalt“ nicht nur übergangsweise, sondern unbefristet in die StPO aufgenommen werden, um Unterbrechungsfristen zu hemmen. Damit soll außergewöhnlichen Lagen künftig Rechnung getragen werden, zum Beispiel im Falle von Naturkatastrophen oder Seuchen. Havliza: „Wir brauchen eine praxisgerechte, dauerhafte Regelung. Und keine Vorschrift, die alle paar Monate entfällt und die dann vieldiskutiert und verspätet am Ende doch wieder eingeführt werden muss.

Quelle: Niedersächsisches Justizministerium, Pressemitteilung vom 23. August 2022

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