Anklage wegen Betruges in einem besonders schweren Fall zum Nachteil des Marinearsenals Wilhelmshaven gegen zwei ehemalige Vorstände der Elsflether Werft AG.

Die bei der Staatsanwaltschaft Osnabrück angesiedelte Zentralstelle für Korruptions­strafsachen hat auch die letzte große Anklage aus dem Ermittlungskomplex „Gorch Fock“ vor dem Landgericht Oldenburg erhoben. 

Mit der umfangreichen Anklageschrift wirft die Staatsanwaltschaft zwei ehemaligen Vorständen der Elsflether Werft AG (EW AG) gewerbsmäßigen Betrug in einem besonders schweren Fall zum Nachteil des Marinearsenals in Wilhelmshaven (MArs) vor. Die beiden Männer sollen zwischen 2014 und 2018 dafür verantwortlich gewesen sein, dass bei der EW AG systematisch unzutreffende Abrechnungen fremder Leistungen von Subunternehmen gegenüber dem MArs erfolgten, wobei einem der Angeschuldigten aufgrund seiner Funktion innerhalb der Vorstandsstruktur lediglich vorgeworfen wird, dass er trotz vorliegender Kenntnis von der Abrechnungspraxis diese nicht unterbunden hat. 

Die EW AG war als Generalunternehmerin nach dem Erhalt eines Zuschlags für ein Instandsetzungsprojekt durch das MArs grundsätzlich befugt, Leistungen auch durch Subunternehmen vornehmen zu lassen und hierfür auch einen Fremd­leistungszuschlag des Auftragsvolumens des Unterauftragnehmers zur Abgeltung des eigenen Aufwands abzurechnen. Die EW AG soll nach dem Ergebnis der Ermittlungen jedoch von ihren Unterauftragnehmern Preisnachlässe (Gutschriften) eingefordert und diese dann auf Veranlassung bzw. mit Billigung der Angeschuldigten pflichtwidrig nicht gegenüber dem MArs angezeigt und in Abzug gebracht haben. Die mit einzelnen Projekten befassten Projektleiter sollen ferner dazu angehalten worden sein, bei den Unterauftragnehmern die Gutschriften einzufordern und dafür zu sorgen, dass diese Gutschriften auch nicht gegenüber Mitarbeitern des MArs offenbart würden. Die Gutschriften von in der Regel 15 % der Auftragssumme sollten im Falle der Auftrags­erteilung nach Auftragsdurchführung mit der Schlussrechnung gewährt, jedoch auf Verlangen der Angeschuldigten bzw. deren angewiesenen Projektleitern, weder im schriftlichen Angebot noch in deren Rechnung ausgewiesen werden. 

Die Anklageschrift umfasst insgesamt 11 Instandsetzungsprojekte der EW AG, u.a. auch die Instandsetzung des Segelschulschiffs Gorch Forck, bei denen jeweils Gutschriften oder reduzierte Rechnungen bewusst nicht ordnungsgemäß an das MArs weitergeleitet und somit in der Folge zu hohe Zahlungen durch Mitarbeiter des MArs an die EW AG veranlasst worden sein sollen. 

Einer der Angeschuldigten soll laut Anklageschrift zudem die zuständigen Mitarbeiter angewiesen haben, bei Eigenleistungen der EW AG den Stundensatz über die tatsächlich geleisteten Werftarbeitsstunden hinaus unter Verwendung manipulierter Stundennachweise überhöht abzurechnen, um der EW AG auch so eine unberechtigte zusätzliche Einnahmequelle zu verschaffen. 

Durch die unzutreffende Rechnungslegung der EW AG gegenüber dem MArs soll diesem ein Gesamtschaden in Höhe von 7.204.502,27 Euro entstanden sein.  

Die auf die Einzelprojekte entfallenen Einzelschäden belaufen sich auf Beträge zwischen ca. 48.000,- Euro und ca. 1,6 Millionen Euro, wobei auf die Instandsetzung des Segelschulschiff Gorch Fock lediglich eine Summe von 247.317,28 Euro entfällt. Durch falsche Stundenzettel allein soll ein Schaden in Höhe von über 135.000,- Euro verursacht worden sein.

Im Falle einer Verurteilung droht den beiden Männern eine Freiheitsstrafe zwischen 6 Monaten und 10 Jahren. 

Das Landgericht Oldenburg muss nun über die Eröffnung des Hauptverfahrens entscheiden. 

Mit dieser letzten großen Anklage aus dem Ermittlungskomplex Gorch Fock nähert sich eine seit Dezember 2018 andauernde gemeinsame Arbeit der Straf­verfolgungsbehörden dem Ende. In den vergangenen Jahren wurden durch die bei der Zentralen Kriminalinspektion Oldenburg eingerichtete Sonderkommission „Wasser“, bestehend aus 15 Polizeibeamtinnen und -beamten, über 14 Terabyte Daten und 1.450 Aktenordner gesichtet und ausgewertet. Bei der Staatsanwaltschaft Osnabrück waren bis zu vier Staatsanwälte und eine Wirtschaftsreferentin zeitgleich mit dem Verfahren befasst. 

Die weit verzweigten und aufwendigen Ermittlungen gliederten sich schließlich in vier große Komplexe, welche bereits umfangreich in der gemeinsamen Presseerklärung der Staatsanwaltschaft Osnabrück und Polizeidirektion Oldenburg vom 17.01.2022 dargestellt worden sind. Die darin ebenfalls näher erläuterte Anklageschrift zum Verfahrenskomplex 1 vom 02.01.2021 gegen einen technischen Kostenprüfer des Marinearsenals wegen Vorteilsannahme, zwei ehemalige Vorstände der EW AG wegen Vorteilsgewährung sowie zwei Geschäftsführer und eine Prokuristin zweier Subunternehmen der EW AG wegen Vorteilsgewährung bzw. Beihilfe zur Vorteilsgewährung ist weiterhin bei der Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Oldenburg anhängig. Gleiches gilt auch für die den Verfahrenskomplex 3 betreffende Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Osnabrück vom 10.12.2021, in der zwei ehe­maligen Vorständen und zwei ehemaligen Mitarbeitern der EW AG unerlaubtes Betreiben von Bankgeschäften sowie drei der Angeschuldigten zudem Untreue in besonders schwerem Fall und zwei der Angeschuldigten ferner Insolvenz­verschleppung vorgeworfen wird. 

Im Nachgang zur Presseerklärung vom 17.01.2022 hat die Staatsanwaltschaft Osnabrück im Verfahrenskomplex 2 gegen die Unterauftragnehmer der Elsflether Werft AG mittlerweile fast alle Verfahren abgeschlossen. Gegen die Unter­auftragnehmer war wegen des Verdachts der Bestechung im geschäftlichen Verkehr und Beihilfe zum Betrug ermittelt worden. Insgesamt wurden vier Anklagen zum Strafrichter und drei weitere Anklagen zum Schöffengericht des Amtsgerichts Brake erhoben. Ferner wurde zwei Verfahren mit dem Antrag auf Erlass eines Strafbefehls gegen die Verantwortlichen abgeschlossen. Zwei Ermittlungsverfahren dauern noch an. Der Abschluss ist aktuell noch nicht absehbar.

Die Ermittlungen gegen die damaligen Mitarbeiter/-innen der Elsflether Werft AG wegen des Verdachts der Beihilfe zum Betrug und Bestechung im geschäftlichen Verkehr (Komplex 4) sind ebenfalls zwischenzeitlich vollständig abgeschlossen worden. Die Verfahren gegen die lediglich in die Abwicklung eingebundenen Angestellten (Mitarbeiter/innen) wurden dabei größtenteils gegen Zahlung einer Geldauflage eingestellt. In den gegen zehn Projektleiter geführten Verfahren wurden sechs Verfahren eingestellt. In vier Fällen beantragte die Staatsanwaltschaft Osnabrück beim Amtsgericht Brake den Erlass eines Strafbefehls, wobei in drei Fällen Geldstrafen zwischen 140 und 180 Tagessätzen und in einem Fall einer Freiheitsstrafe von 8 Monaten mit Strafaussetzung zur Bewährung beantragt wurde. Ein Strafbefehl über 180 Tagessätze und der Strafbefehl über 8 Monate Freiheitsstrafe mit Bewährung sind bereits rechtskräftig.

Quelle: Staatsanwaltschaft Osnabrück, Pressemitteilung vom 3. September 2022

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