Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat heute über die Vorratsdatenspeicherung entschieden. Der EuGH hat die anlasslose Vorratsdatenspeicherung nun für rechtswidrig erklärt, aber gleichzeitig neue Möglichkeiten für die Datenspeicherung in Fällen des Terrorismus und schwerer Kriminalität eröffnet. Die Vorratsdatenspeicherung ist in Deutschland zum 1. Juli 2017 wiedereingeführt worden. Dennoch findet derzeit eine Vorratsdatenspeicherung faktisch nicht statt. Wegen des anhängigen Verfahrens beim EuGH hat die Bundesnetzagentur auf die Durchsetzung der Speicherverpflichtung durch die Provider verzichtet.

Justizminister Prof. Dr. Roman Poseck zur Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zur Vorratsdatenspeicherung: „Mit dem Urteil zur Vorratsdatenspeicherung hat der EuGH Klarheit geschaffen. Die Speicherung sogenannter ‚Vorratsdaten‘, wie die IP-Adresse, ist und bleibt bei der Verfolgung und Bekämpfung von Terrorismus und anderen schweren Straftaten ein unverzichtbares Instrument. Das gilt insbesondere auch für die Bekämpfung von Kinderpornografie im Netz. Daher begrüße ich es sehr, dass der EuGH mit seiner heutigen Entscheidung auch Möglichkeiten für eine Speicherung von Vorratsdaten und damit für eine effektivere Strafverfolgung in Fällen schwerer Kriminalität geschaffen hat. Dabei hat er sich in seiner Entscheidung in den Randziffern 100 ff. ausdrücklich mit der Kinderpornografie befasst. Wir müssen nun umgehend alle Möglichkeiten ausschöpfen, die sich aus der Entscheidung ergeben, um die Bevölkerung und ganz besonders die Kinder vor schrecklichen Taten zu schützen sowie die Täter dingfest zu machen.“

Der Hessische Minister der Justiz erklärte weiter: „Die Ermittlungsbehörden sind zur Aufdeckung schwerster Kriminalität im Bereich des Kindesmissbrauchs auf zusätzliche Ermittlungsinstrumente, wie die befristete Speicherung von IP-Adressen, angewiesen. Das erkennt auch der EuGH ausdrücklich an. Ohne die Zuordnung der IP-Adresse zu einem Anschlussinhaber laufen die Ermittlungen wegen Kinderpornografie weitgehend ins Leere, weil keine anderen Spuren vorhanden sind. Der Ermittlungsansatz ‚IP-Adresse‘ kann hier durch keinen alternativen Spurenansatz ersetzt werden. Deshalb darf es bei der Verfolgung von Kinderpornografie keine falschen Kompromisse geben. Bundesjustizminister Marco Buschmann hat der Vorratsdatenspeicherung faktisch eine Absage erteilt, hingegen zeigte sich Bundesinnenministerin Nancy Faeser offen, eine Lösung für die Ermittlungsbehörden zu finden. Die Uneinigkeit der Ampel, die vor allem durch diese widersprüchlichen Äußerungen in den letzten Wochen zur Schau gestellt wurden, müssen ein sofortiges Ende haben. Die Klarstellungen des EuGHs sind im Sinne einer möglichst effektiven Strafverfolgung umzusetzen. Die erste Reaktion des Bundejustizministers lassen leider Zweifel aufkommen, dass er die richtigen Schlüsse ziehen wird.“

Hintergrund:

Vorratsdaten sind Daten, die bei der Erbringung eines Telekommunikationsdienstes erhoben, verarbeitet oder genutzt werden. Dies sind solche Informationen, die ohne Bezugnahme auf Inhalte mit einer bestimmten Nachrichtenverbindung im äußeren Zusammenhang stehen und diese Verbindung aus technischer oder formaler Sicht näher charakterisieren. Nach dem datenschutzrechtlichen Grundsatz der Datensparsamkeit müssen die Telekommunikations(TK-)unternehmen Verkehrsdaten, die sie nicht zur Entgeltberechnung oder Störungsbeseitigung benötigen, unverzüglich löschen. Daher wurde das Instrument der Vorratsdatenspeicherung (VDS) geschaffen, also die Verpflichtung für TK-Unternehmen, Verkehrsdaten, die sie eigentlich löschen würden, für einen bestimmten Zeitraum zum Zwecke der Strafverfolgung vorsorglich, d.h. von allen Nutzern ohne konkreten Straftatenverdacht („auf Vorrat“) zu speichern. Die verdachtsunabhängige Speicherverpflichtung ist dabei im Telekommunikationsgesetz (§§ 176-179 TKG) geregelt, während die Möglichkeit des Datenabrufs durch die Strafverfolgungsbehörden, die immer verdachtsabhängig erfolgt, u.a. in § 100g StPO geregelt ist.

Quelle: Hessisches Ministerium der Justiz, Pressemitteilung vom 20. September 2022

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