Ab 1. Oktober 2022 werden besonders komplexe Verfahren aus vier Rechtsgebieten (Staatsschutz, Anti-Doping, bestimmte Bereiche von Cybercrime sowie Vermögens- und Korruptionsstraftaten im Gesundheitswesen) bayernweit an bestimmten Landgerichten gebündelt. Der Vorsitzende der 93. Justizministerkonferenz und bayerische Justizminister Eisenreich: „Die Welt wird immer digitaler und die juristischen Sachverhalte gerade in diesen Bereichen immer vielschichtiger. Bayern setzt auf Spezialisierung. Mit der Bündelung besonders komplexer Verfahren in den genannten Bereichen bei den Landgerichten wollen wir Verfahren beschleunigen und mit Spezialwissen die Qualität der Rechtsprechung sichern. Deshalb setzen wir auf Zuständigkeitskonzentrationen bei den Gerichten.“ 

Welches Gericht ist künftig für welches Rechtsgebiet zuständig?

  • Staatsschutzsachen nach § 74a des Gerichtsverfassungsgesetzes (u.a. Gefährdung des demokratischen Rechtsstaates durch Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger und terroristischer Organisationen, Verstöße gegen das Vereinigungsverbot durch Bildung krimineller Vereinigungen oder Friedensverrat durch Aufstacheln zum Verbrechen der Aggression) werden künftig bayernweit beim Landgericht München I gebündelt.
  • Die Staatsanwaltschaft München I ist als Schwerpunktstaatsanwaltschaft zuständig für die Verfolgung von Dopingdelikten für den gesamten Freistaat Bayern. Jetzt erhält auch das Landgericht München I bayernweit die Zuständigkeit für erstinstanzliche Anti-Dopingsachen bei den Landgerichten.
  • Ausspähen von Daten, Computersabotage oder andere herausgehobene Cybercrimedelikte: Cybercrimesachen, für die das Landgericht in erster Instanz zuständig ist, werden für ganz Bayern dem Landgericht Bamberg übertragen. Seit 2015 besteht bei der Generalstaatsanwaltschaft in Bamberg bereits die „Zentralstelle Cybercrime Bayern“ (ZCB). Sie ist bayernweit zuständig für die Bearbeitung herausgehobener Ermittlungsverfahren im Bereich der Cyberkriminalität.
  • Spezialeinheit im Gesundheitssektor: Seit September 2020 nimmt die „Zentralstelle zur Bekämpfung von Betrug und Korruption im Gesundheitswesen“ (ZKG) in Nürnberg bayernweit schwarze Schafe unter den Ärzten und Pflegediensten ins Visier. Das Landgericht Nürnberg-Fürth übernimmt nun für ganz Bayern die erstinstanzliche Zuständigkeit für Vermögens- und Korruptionssachen im Gesundheitswesen – wenn sie in den Zuständigkeitsbereich der Landgerichte fallen.

Der Minister: „Unsere Ermittlungsstrukturen bei den Staatsanwaltschaften haben wir in den Bereichen Abrechnungsbetrug im Gesundheitswesen, Cybercrime, Anti-Doping und Staatsschutz bereits durch Zentralstellen und eine Schwerpunktstaatsanwaltschaft optimiert. Jetzt folgt die entsprechende Zuständigkeitskonzentration auf Landgerichtsebene für Verfahren in diesen Bereichen, in denen die Landgerichte in erster Instanz zuständig sind. Damit bündeln wir das Wissen in diesen wichtigen Spezialmaterien und profitieren von Synergieeffekten.“

Hintergrund:

In allgemeinen Strafsachen sind die Landgerichte erstinstanzlich zuständig für alle Verbrechen (d.h. das Gesetz sieht als Mindeststrafe eine Freiheitsstrafe von einem Jahr vor), die nicht zur Zuständigkeit des Amtsgerichts oder des Oberlandesgerichts gehören. Sie sind auch zuständig für alle Straftaten, bei denen eine höhere Strafe als vier Jahre Freiheitsstrafe oder die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder in der Sicherungsverwahrung zu erwarten ist oder in Fällen, bei denen die Staatsanwaltschaft wegen besonderer Umstände des Einzelfalls Anklage beim Landgericht erhebt.

Im Bereich Staatsschutz besteht eine ausschließliche Zuständigkeit des Landgerichts für im Gesetz abschließend aufgezählte Straftaten.

Quelle: Bayerisches Staatsministerium der Justiz, Pressemitteilung vom 30. September 2022

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